Anzeigepflicht nach § 44 Oö StGBG
- Originalsprache: Deutsch
- ZVGBand 6
- Judikatur - Materienrecht, 4602 Wörter
- Seiten 291 -297
- https://doi.org/10.33196/zvg201903029101
20,00 €
inkl MwSt
Auch die mit § 44 Oö StGBG 2002 vergleichbare Norm des § 45 Abs 3 BDG spricht lediglich vom Wirkungsbereich und bezieht sich entsprechend der hM sowohl auf die Hoheits- als auch Privatwirtschaftsverwaltung. Die dienstrechtliche Meldepflicht geht daher weiter als § 78 StPO. Mit dem Wort „gesetzmäßig“ wird die Hoheitsverwaltung erfasst und ein Fehlen dieses Wortes bedingt die Anwendung der Norm auf die Privatwirtschaftsverwaltung. Insofern ist davon auszugehen, dass § 44 Oö StGBG 2002 auch in der Privatwirtschaftsverwaltung Anwendung findet. In einem nächsten Schritt ist zu erkennen, dass die verdächtige gerichtlich strafbare Handlung den oben beschriebenen Wirkungsbereich „betreffen“ muss. Weiter muss zum Auslösen der Meldepflicht gem § 44 Oö StGBG 2002 der begründete Verdacht einer strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist, vorliegen. Einerseits sind von § 44 Oö StGBG 2002 – in Übereinstimmung mit § 78 StPO – lediglich Offizialdelikte pflichtauslösend erfasst. Andererseits muss ein begründeter Verdacht bestehen. Der Verdacht ist konstitutiv für das Entstehen der Anzeigepflicht. Er ist von der bloßen Vermutung abzugrenzen. Entsprechend der hL bedeutet Verdacht gem § 78 StPO, dass aufgrund bestimmter Tatsachen eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Offizialdelikt begangen wurde. Anders formuliert: Es müssen „[...] wahrgenommene hinreichende Tatsachen die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Straftat in der Form rechtfertigen, dass eine andere, normale legale, harmlose Erklärung kaum in Betracht kommt“ (OGH 19.12.2006, 4 Ob 230/06m). Zum zu Grunde zu legenden Tatsachensubstrat ist festzuhalten, dass die Tatsachenwahrnehmung im Stadium der Meldepflicht (im Hinblick auf das klärende künftige Strafverfahren) eine relative ist, da die materielle Wahrheit erst durch den möglicherweise folgenden Strafprozess festgestellt wird. Insofern unterliegen diese Tatsachen einem Plausibilitätsmoment (s oben; OGH 19.12.2006, 4 Ob 230/06m).
- § 101 Oö StGBG
- ZVG-Slg 2019/58
- § 44 Oö StGBG
- § 45 Oö BDG
- § 102 Oö StGBG
- § 103 Oö StGBG
- Verwaltungsverfahrensrecht
- § 35 Oö StGBG
- LVwG OÖ, 25.03.2019, LVwG-950113/10/MB/JB
- § 78 StPO
Weitere Artikel aus diesem Heft