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Kleinbetragssparbücher: vertraglicher Auskunftsanspruch des Kunden gegenüber der Bank, Abtretung der Forderung durch Übertragung des Sparbuchs

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Kann die Kundeneigenschaft von jener Person, die sich gegenüber der Bank darauf beruft, nicht nachgewiesen werden, ist die Bank vertraglich nicht zur Auskunft über die aktuellen Einlage- bzw Buchstände verpflichtet. Gelingt allerdings zumindest der Nachweis eines zumindest im Eröffnungszeitpunkt bestehenden Vertragsverhältnisses, ist damit eine Geschäftsbeziehung dargetan, die die Offenlegung aller damit im Zusammenhang stehenden Informationen – Kontonummer bzw IBAN, Bezeichnung, Ausgabestelle und Einlagestand bzw Buchstand im Eröffnungszeitpunkt – rechtfertigt, ohne dass dafür die Sparurkunde vorgelegt werden müsste. Insoweit steht dem Auskunftsanspruch das Bankgeheimnis des § 38 BWG nicht entgegen.

§ 38 BWG ist – wie vormals § 23 KWG – nur im Verhältnis zu einem Dritten anwendbar, weil die Offenbarung eines Bankgeheimnisses schon begrifflich nur gegenüber Dritten möglich ist. Dem Kunden gegenüber ist die Bank jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten und die Einzelheiten der Geschäftsbeziehung nach bürgerlichem Recht verpflichtet.

„Kleinbetragssparbücher“, deren Guthabensstand weniger als € 15.000,– beträgt, die nicht auf den Namen des gemäß den Bestimmungen des FM-GwG identifizierten Kunden lauten und mit einem Losungswort versehen sind (§ 32 Abs 4 Z 1 BWG), sind Inhaberpapiere. Forderungen aus „Kleinbetragssparbüchern“ werden aufgrund ihrer Qualifikation als Inhaberpapiere durch Übereignung der Urkunde nach den für die Übereignung beweglicher körperlicher Sachen geltenden Regeln übertragen. Die Berechtigung zur Auszahlung infolge Abtretung der Forderung aus dem Spareinlagenvertrag sagt nichts über das Vertragsverhältnis mit dem als solchen identifizierten Kunden aus. Dieser bleibt – hinsichtlich des gesamten Vertragsverhältnisses – weiterhin Vertragspartner des Kreditinstituts, auch wenn nicht mehr er, sondern ein Dritter, dem das Sparbuch nach sachenrechtlichen Grundsätzen übereignet wurde, zur Auszahlung berechtigt wäre. Eine Änderung der Kundeneigenschaft würde vielmehr eine Übernahme des Vertrags durch einen neuen Kunden voraussetzen. Dafür wäre allerdings nach allgemeinen Grundsätzen eine Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei erforderlich.

Das Kreditinstitut muss an den identifizierten (§ 6 Abs 1 Z 1 FM-GwG) Vorleger der Urkunde, der das korrekte Losungswort nennt, leisten, sofern es nicht dessen fehlende materielle Berechtigung, etwa ein unwirksames Titelgeschäft beim Erwerb der Sparurkunde, nachweisen kann. Eine Auszahlung kann somit auch gegenüber einer anderen Person als dem identifizierten Kunden erfolgen.

  • JBL 2024, 248
  • OLG Wien, 22.08.2023, 33 R 63/23m
  • HG Wien, 15.02.2023, 47 Cg 64/22x
  • Öffentliches Recht
  • OGH, 21.11.2023, 10 Ob 43/23f
  • Straf- und Strafprozessrecht
  • Europa- und Völkerrecht
  • § 38 BWG
  • Allgemeines Privatrecht
  • Zivilverfahrensrecht
  • § 31 Abs 3 BWG
  • Arbeitsrecht
  • § 32 BWG

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