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Hofer, Kristina

VwGH: Begründung der Zuschlagsentscheidung I – Begründungspflicht auch bei nicht prioritären Dienstleistungen bereits vor der BVergG-Novelle 2012

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Auch bei der Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen unterliegen Auftraggeber nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH den fundamentalen Regeln des Unionsrechtes, insbesondere den Verpflichtungen, die die Transparenz der Verfahren, die Gleichbehandlung der Bieter und die Effektivität des Rechtsschutzes sicherstellen sollen. Die Rechtsmittelrichtlinie verfolgt die Umsetzung dieser Grundsätze für den Bereich des öffentlichen Auftragswesens. Die Rechtsmittelrichtlinie gilt unterschiedslos für prioritäre und nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge.

Die Verpflichtung zur Mitteilung und zur Begründung der Zuschlagsentscheidung lässt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Rechtmittelrichtlinie (im Zusammenhalt mit den verwiesenen Vorschriften der Vergaberichtlinie) sondern vielmehr schon aus den fundamentalen unionsrechtlichen Grundsätzen ableiten.

Die in § 141 Abs 5 BVergG (vor der Novelle 2012) vorgesehene Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, die Zuschlagsentscheidung in einem Vergabeverfahren betreffend nicht prioritäre Dienstleitungen den im Verfahren verbliebenen Unternehmern bekannt zu geben, ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass diese Bekanntgabe auch die Mitteilung jener Gründe für diese Entscheidung umfassen muss, soweit diese für einen allfälligen Nachprüfungsantrag erforderlich sind.

Mit der Begründung der Zuschlagsentscheidung sollen den Bietern bereits zu Beginn der Anfechtungsfrist und der Stillhaltefrist jene Informationen zur Verfügung stehen, die unerlässlich sind, um rechtzeitig eine wirksame Nachprüfung in die Wege leiten zu können. Die Begründung der Entscheidung bloß in den Akten des Vergabeverfahrens ist demnach nicht ausreichend, zumal hierdurch eine erhebliche Verkürzung der Nachprüfungsfristen eintreten kann.

Der Inhalt und der Umfang der Begründung einer Zuschlagsentscheidung stehen unter den Anforderungen des Zwecks eines effektiven Rechtsschutzes. Den Bietern sind im Rahmen der Zuschlagsentscheidung daher sowohl die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes als auch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes mitzuteilen. Im Bestbieterverfahren lässt nämlich nur eine Gegenüberstellung der Angebote erkennen, aus welchen Gründen die Zuschlagsentscheidung zugunsten des einen und zulasten des anderen Bieters erfolgt ist. Dies erfordert allerdings – wie im Übrigen auch durch Art 2a Abs 2 vierter Unterabschnitt der Rechtsmittelrichtlinie deutlich gemacht wird – keine umfassende Unterrichtung der betroffenen Bieter über sämtliche Details der für die Zuschlagsentscheidung relevanten Gründe. Es genügt eine bloße Zusammenfassung dieser Gründe,

Die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung ist bereits dann von wesentlichem Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages durch den Rechtsverstoß erschwert oder behindert wird, wovon in der Regel auszugehen ist.

Werden die für die Bewertung maßgeblichen Umstände nur vergleichend mit unkonkreten und undeutlichen Formulierungen wie beispielsweise „hoch“, „sehr hoch“ oder mit einem „hohen Wert“ umschrieben, entbehrt eine derartige Zuschlagsentscheidung einer nachvollziehbaren Erklärung, wie viele Punkte die beiden verglichenen Angebote letztlich erzielt haben. Damit ist es für den unterlegenen Bieter nicht möglich, abzuschätzen, ob die Zuschlagsentscheidung rechtmäßig war, weswegen auch die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages behindert wird.

  • Hofer, Kristina
  • Gleichbehandlungsgrundsatz
  • § 141 Abs 5 BVergG idF BGBl I Nr 15/2010
  • Art 2a Abs 2 RL 89/665/EWG
  • VwGH, 09.04.2013, 2011/04/0173, „Schulungen des AMS für langzeitbeschäftigungslose Personen“
  • Effektivität des Rechtsschutzes
  • Art 41 Abs 2 RL 2004/18/EG
  • Zuschlagsentscheidung
  • Begründungspflicht
  • Vergaberecht
  • § 141 Abs 2 BVergG idF BGBl I Nr 15/2010
  • Transparenzgrundsatz
  • nicht prioritäre Dienstleistungen
  • RPA 2013, 212

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